Samstag, 26. Mai 2012

Umgefallen

Ich fahre mit dem Rad gedankenverloren die Straße entlang. Ich sehe das Auto sehr schnell auf die Kreuzung zukommen und denke: "Mensch der fährt aber zügig auf die Kreuzung zu, hoffentlich kann der noch rechtzeitig bremsen. Ich bremse auf keinen Fall, weil ich hab ja Vorfahrt!" Und schon waren alle Gedanken egal. Ich merke, dass er definitiv nicht daran denkt zu bremsen und im gleichen Moment fliege ich schon über die Straße. Ich rutsche auf meiner rechten Körperhälfte über den Asphalt und schreie vor Schmerzen. Mein erster Gedanke: "Jetzt bist du kaputt..." Der Autofahrer springt aus dem Auto und sagt, dass ich erstmal sofort von der Straße müsse. Er fragt, ob ich aufstehen kann, aber ich kann mich in diesem Moment gar nicht bewegen. Ich habe Angst mich zu bewegen, weil ich denke, dass ich jeden Moment in tausend Teile zerfalle. Er trägt mich auf den Grünstreifen und schon kommen Passanten angerannt. Sie rufen, dass schon der Rettungsdienst alarmiert ist und in dem Moment denke ich: "Ach lasst mich doch bitte einfach aufstehen und gehen. Klar tut das jetzt weh, aber das wird schon nicht so schlimm sein!" Doch dann überkommen mich die Schmerzen und ich weiß gar nicht, wo es am meisten weh tut. Meine Rippen, meine Hüfte und mein Unterleib schmerzen so unfassbar doll. Ich weine die ganze Zeit und tausend Gedankenfetzen fliegen mir durch den Kopf. Zwei unglaublich nette Frauen versuchen mich zu beruhigen und abzulenken. Sie verwickeln mich in ein Gespräch und langsam realisiere ich, was passiert ist und wo ich bin. Plötzlich kommt ein ganz aufgebrachter Mann und fängt an mich abzutasten, mir seltsam blöde Fragen zu stellen und er nervt mich einfach nur. Ich wollte, dass er wieder weg geht und mich in Ruhe lässt. Er tat so, als ob er Ahnung hätte. Aber ich merkte, dass er überfordert war und irgendwas machen wollte, um sich selbst zu beruhigen. Auch die anderen waren sofort genervt von ihm . Zum Glück blieb er nicht lange, weil er sein Mitten auf der Straße geparktes Auto erstmal wegfahren musste. Der Autofahrer, der mich angefahren hat, sagte gar nichts, er hockte hinter mir und sah mich die ganze Zeit regungslos an. Als die Frauen ihn fragen, warum er so schnell gefahren wäre und nicht gebremst hätte, behauptet er, ich hätte kein Licht angehabt und ich wäre plötzlich aus dem Nichts da gewesen. "Spinner!" denke ich. Ich weiß, dass ich hundertprozentig mein Licht an hatte und dass er einfach nicht geguckt hat und viel zu schnell unterwegs war. Die Rettungsassistenten legen mir erst einmal sofort so ein schreckliches Halsdings um und heben mich mit zwei seltsamen "Schaufeln" auf die Trage. Sie sind sehr sehr vorsichtig und wollen mich nicht unnötig bewegen, weil noch keiner weiß, was mit meinem Körper passiert ist. Ich bekomme eine Infusion und werde an irgendwelche Geräte angeschlossen. Und dann geht es ab mit Blaulicht und Sirene ins Uniklinikum. Mir laufen die ganze Zeit Tränen über mein Gesicht und ich weine still vor mich hin. Ich kann nicht aufhören, obwohl ich selbst denke: "Jetzt ist aber mal gut." Ich muss an das Gesicht meiner Mutti denken, wenn ich sie später anrufen muss. Ich muss daran denken, dass ich jetzt sicher niemanden mehr erreiche und mich niemand abholen kann. Ich fühle mich wieder einmal so allein... Und die Tränen kullern über meine Wangen und wollen einfach nicht trocknen. Der Doktor tastet mich nicht gerade gefühlvoll ab und schickt mich gleich zum Röntgen. Ich werde durch lange Gänge geschoben, von der Unfallforschung befragt, muss in meinem Zustand irgendwelche Zettel unterschreiben und Fragen über Mädchendinge beantworten. Zum Glück ist nichts weiter Schlimmes passiert. Eine stark geprellte Hüfte, geprellte Rippen, ein paar Schürfwunden und blaue Flecken... Ich darf wieder nach Hause, muss aber versprechen, dass in der Nacht jemand bei mir ist. Und dafür, dass ich mit dem Krankenwagen fahren durfte, dass die "Fotos" von mir gemacht haben und dafür dass mir so schnell geholfen wurde, durfte ich zum Abschied noch 10 Euro bezahlen. Danke dafür...
Ich hatte so unglaubliches Glück im Unglück! Und ich bin so dankbar, dass ich jetzt hier sitzen und darüber schreiben kann, dass mir nichts weiter passiert ist und dass ich so glimpflich davon gekommen bin. Als ich dort auf der Straße lag, dachte ich wirklich, dass grad alles in mir drin kaputt gegangen ist...

Dienstag, 22. Mai 2012

Die Wunden verheilen...

...aber die Narben werden für immer bleiben.
Immer und immer wieder hab ich mich gefragt, wie ich diese psychischen Schmerzen los werde. Irgendwann hab ich eine "Übergangslösung" gefunden, die für kurze Zeit den psychischen Schmerz in den Hintergrund stellte. Das war eine ziemlich blöde "Lösung", aber sie hat mir geholfen... Und das hat gezählt. Niemals hätte ich gedacht, dass ich so verletzt sein könnte und dass mich Gefühle innerlich so zerstören können. Aber man sollte niemals nie sagen. Und so lief mein Leben weiter...
Langsam verheilen alle Wunden und trotzdem werden einige von den Narben für immer bleiben, mich für immer an dich erinnern und an das was du mir angetan hast.
Ich kann es immer noch nicht verstehen. Und wahrscheinlich werde ich es auch nie verstehen. Ich weiß einfach, nicht was in deinem Kopf vorgegangen ist. Was hast du dir dabei gedacht? Was hab ich dir angetan, womit du dieses miese Verhalten rechtfertigen könntest? Und dann lässt du mich stehen, bist verschwunden aus meinem Leben und genießt umso mehr dein eigenes Leben? Wie kannst du das? Wie kannst du einfach so tun, als wäre dir das alles total egal? Du lebst einfach so weiter, liebst dein Leben und bist anscheinend richtig glücklich!? Warum kann ich das nicht? Was ist denn da schief gelaufen? Hast du nicht immer gesagt, es ist für immer!? Wir hatten eine gemeinsame Zukunft. Und jetzt? Jetzt steh ich da, weiß nichts mit mir anzufangen. Und du machst einfach weiter, als wäre überhaupt nichts gewesen. Warum? Warum musstest du das tun?
Auf all diese Fragen werde ich wohl nie eine Antwort bekommen, aber damit werde ich nun leben müssen.
Ich werde von vorn beginnen. Ich muss von vorn beginnen. Ich muss bei Null anfangen.
Aber ich werde es schaffen! Es wird sicher noch eine ganze Weile dauern, bis alles verheilt ist, aber irgendwann werde auch ich wieder aus tiefstem Herzen lachen und strahlen können.
Am Wochenende meinten meine Freunde zu mir, dass ich ihnen so schon wieder viel besser gefalle. Und ich merke auch, dass es ganz langsam und zaghaft bergauf geht. Aber ohne meine Freunde würde ich mich immer noch unter der Bettdecke verstecken und den ganzen Tag nicht aufstehen. Ich verbringe jetzt wieder oft meine Wochenende zu Hause bei meinen Eltern. Und schon die Fahrt gestaltet sich dank meinem neuen lieben Chauffeur sehr angenehm. Ich muss keine Angst mehr haben, dir im Zug über den Weg zu laufen. Ich muss nicht starr aus dem Fenster sehen und warten bis die Zeit vergeht. Ich kann mit ihm reden und wenn es nur übers Wetter ist, weil uns grad mal wieder nichts besseres einfällt. Dann guck ich meinen "Chauffeur" schief von der Seite an, verdreh die Augen, weil mich unser tolles Gesprächsthema nervt und dann müssen wir beide lachen. Die Tage zu Hause verbringe ich mit meinen Eltern, auf meiner Schaukel oder mit meiner Kamera. Ich lenke mich ab und versuche meine Gedanken auf klare und gerade Bahnen zu bringen. Ich lese viel, liege rum und mache wieder nicht das, was ich schon seit Ewigkeiten vor mir her schiebe, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, endlich damit anzufangen. Die Abende und Nächte verbringe ich mit Freunden und guter Laune. Meine Freunde lenken mich ab und machen mir immer wieder klar, dass ich endlich wieder lachen muss und eigentlich keinen Grund habe dir nachzuweinen. Und sie haben ja leider wirklich recht... Ich bin froh, dass ich mich zur Zeit wieder so wohl und geborgen fühle im Dorf. Ich bin froh, dass die Jungs dort so anders sind und gar nicht einsehen und verstehen, warum ich immer noch so oft wegen dir so miese Laune habe und weine. Sie lenken mich mit irgendwelchem Blödsinn ab und das tut gut. Hier ist es schön, aber zu Hause in der Heimat gibt es irgendwas Vertrautes, was mich glücklich macht.

Sonntag, 13. Mai 2012

Was ist denn nun plötzlich los?

Langsam wunder ich mich schon sehr über mich selbst...
Von einem Tag auf den anderen überwiegt ganz plötzlich wieder die gute Laune in mir.
Ich stehe früh auf mit einem grinsen im Gesicht. Ich freue mich auf den Tag, stehe auf meinem Balkon und atme tief durch. Ich schalte die Musik an, gehe ins Bad und auf einmal muss ich lachen und tanze durch die Wohnung. Monatelang konnte ich mir diesen Gefühlszustand überhaupt gar nicht vorstellen und jetzt ist er ganz ganz plötzlich wieder da. Ich habe endlich wieder Lust in den Tag zu starten, mich bunt und hübsch anzuziehen und raus zu gehen.  Ich freue mich über die Kinder auf dem Spielplatz gegenüber. Die Baustelle hinter dem Spielplatz nervt mich auch nicht. Ich laufe durch die Straßen und entdecke winzig kleine Details, die mich strahlen lassen. Ich treffe mich mit Freunden und komme mit Bauchschmerzen zurück, weil wir die ganze Zeit nur am Kichern und Lachen waren. Ich liege auf dem Sofa mit dem Buch in der Hand und muss einfach grinsen.
Und natürlich möchte ich mir jetzt nicht selbst den Wind aus den Segeln nehmen, aber es gibt trotzdem noch oft genug Momente, in denen ich von jetzt auf gleich erstarre, mir die Tränen in die Augen schießen und ich denke "Warum? Warum konntest du mich so sehr verletzen? Was hab ich dir angetan, dass du so mies zu mir sein konntest?"
Doch dann am nächsten Tag scheint die Sonne, der Himmel ist blau, die Vögel zwitschern, die Kinder lachen und toben um die Wette, es ist warm und angenehm, ich treffe mich mit Freunden, mache Fotos und grinse. Dann kann ich das alles wieder für ein paar Stunden vergessen und das tut mir so unglaublich gut...